Die Geschichte der St.V.Frisia-Breslau

Wo kommen wir her?
1901  Am 30.06.1901 wurde die Studentische Verbindung Frisia-Breslau als Technische Verbindung Frisia an der Staatlichen Baugewerkschule in Breslau gegründet.
 Der Beginn einer langen interessanten Geschichte, wie sie nur in der Mitte Europas in den letzten 100 Jahren stattfinden konnte. Diese Geschichte ist durch viele Veränderungen geprägt und mitgestaltet worden. Deutsche und Polen, Junge und Alte, sowie viele Ideen der letzten 200 Jahre finden in dieser Geschichte ihren Niederschlag. Unsere Verbindung ist eine interessante Mischung aus Menschen und Ideen, Berufen und Interessen, Meinungen, Anschauungen und Überzeugungen,  aber immer hat sich eine wichtige Idee über die vielen Jahre unserer Existenz durchgesetzt: Die Idee, dass sich in unserer Runde Menschen finden, die sich unabhängig genug fühlen, ihre eigenen Gedanken zu pflegen, jeder Bevormundung zu wiedersprechen und in einer großen Runde von Freunden die schönen Seiten des Lebens zu genie-ßen.

Warum heißt die Verbindung „Frisia“
In der Zeit unserer Gründung (1901) haben sich viele studentische Vereine Namen gegeben, die mit sich auf die verschiedenen deutschen Landsmannschaften bezogen. So standen Namen wie „Rhenania“ für das Rheinland, „Guestphalia“ oder „Westfalia“ für Westfalen und unser Name „Frisia“ für Friesland.
Die lateinische Form der Namen war damals „in“ und betonte den studentischen oder akademischen Charakter dieser Vereine. Meistens war die Namenswahl ein Hinweis auf die Herkunft der Studenten. Man fand es wichtig, sich bei der Gründung von Vereinen durch den Namen zu seiner Heimatregion zu bekennen. Eine Sitte, die in unserem Land, das zu der damaligen Zeit gerade einmal als ein Nationalstaat 30 Jahre existierte, eine weit verbreitete Praxis war.
Unsere Vereinigung wählte einen etwas anderen Weg. Man wählte den Namen
„Frisia“ nicht, weil die Gründer aus der Region Friesland kamen, sondern weil man sich die Friesen zum Vorbild wählen wollte. Dazu sollte man wissen, dass die Friesen eine sehr lange Geschichte haben, die ziemlich einzigartig in Europa ist. Die Friesen hatten sich bereits in der vorrömischen Zeit als Nation etabliert und sie hatten, aufgrund der Tatsache, dass sie zwar zäh an ihren Rechten und Traditionen festhielten, aber die anderen Völker in Frieden ließen, besondere Sonderrechte in römischen Reich. Diese Sonderstellung hat sich über viele Jahrhunderte fortgesetzt. Noch heute sind sie eine Volksgruppe, die sowohl in Deutschland als auch in den Niederlanden zuhause ist. Diese Situation erfordert zwei Fähigkeiten, die unsere Gründer bemerkenswert fanden. Zum einen muß man sich seiner selbst bewusst sein, d. h., dass man ein eigenes Profil entwickelt und dieses auch gegenüber Dritten vertritt. Dies erfordert sowohl eine innere als auch eine gewisse äußere Unabhängigkeit. Gleich-zeitig darf man sich aber auch nicht ausgrenzen. Man muß die Fähigkeit besitzen, trotz eines eigenen Profils in einer Gemeinschaft zu leben.
Und diese Kombination von Fähigkeiten halten wir für so interessant, dass wir noch heute durch unseren Namen zeigen, dass wir gerne unseren Mitgliedern helfen wollen, ein ähnliches Profil für sich zu entwickeln.
„Pidder Lüng“, die Ballade vom Freiheitswillen der Friesen
Die Eigenschaften der Friesen wurden von Detlev von Liliencron in einer besonderen Ballade literarisch verarbeitet. Die Ballade über den Fischer Pidder Lüng, der sich, obwohl arm und von einfacher Herkunft, seine angestammten Rechte nicht nehmen läßt und bereit ist, für diese Rechte zu kämpfen, zeigt eine besondere Mischung von Mut und Selbstbewusstsein. Diese Ballade wurde 1991 von Achim Reichel vertont (Ihr findet Sie auf seiner CD „Regenballade“) und beweist in ihrer zentralen Aussage „Lewwer duad üs Slaav“ (Lieber tot als Sklave) einen Unabhängigkeitswillen, der durchaus einer Diskussion wert ist.
Der Ballade ist eine alte friesische Auffassung der friesischen Grundrechte vorangestellt.
Frii es de Feskfang,
frii es de Jaght,
frii es de Strönthgang,
frii es de Naght,
frii es de See, de wilde See
en die Hornemmer Rhee.

PIDDER LÜNG
Der Amtmann von Tondern, Henning Pogwisch,
schlägt mit der Faust auf den Eichentisch;
“Heut fahr ich selbst hinüber nach Sylt
und hol mir mit eigner Hand Zins und Gült.
Und kann ich die Abgaben der Fischer nicht fassen,
sollen sie Nasen und Ohren lassen,
und ich höhn ihrem Wort:
Lewwer duad üs Slaav.
Im Schiff vorn der Ritter, panzerbewehrt,
stützt sich finster auf sein langes Schwert.
Hinter ihm, von der hohen Geistlichkeit,
steht Jürgen der Priester, beflissen, bereit.
Er reibt sich die Hände, er bückt den Nacken.
“Der Obrigkeit helf ich, die Frevler zu packen,
in den Pfuhl das Wort:
Lewwer duad üs Slaav“
Gen Hörnum hat die Prunkbarke
den Schnabel gewetzt,
ihr folgen die Ewer, kriegsvolkbesetzt,
Und es knirschen die Kiele auf den Sand,
und der Ritter, der Priester springen ans Land,
und waffenrasselnd hinter den beiden
entreißen die Söldner die Klingen den Scheiden.
Nun gilt es, Friesen:
“Lewwer duad üs Slaav!“
 Die Knecht umzingeln das erste Haus,
Pidder Lüng schaut verwundert zum Fenster heraus.
Der Ritter, der Priester treten allein
über die ärmliche Schwelle hinein.
Des langen Peters starkzählige Sippe
sitzt grad an der kargen Mittagskrippe.
Jetzt zeige dich, Pidder:
“Lewwer duad üs Slaav!“
Der Ritter verneigt sich mit hämischen Hohn,
der Priester will anheben seien Sermon.
Der Ritter nimmt spöttisch den Helm vom Haupt
und verbeugt sich noch einmal: “Ihr erlaubt,
daß wir euch stören bei eurem Essen,
bringt hurtig den Zehnten, den ihr vergessen,
und euer Spruch ist ein Dreck:
“Lewwer duad üs Slaav!“
Da reckt sich Pidder, steht wie ein Baum:
“Henning Pogwisch, halt deine Reden im Zaum.
Wir waren der Steuern von jeher frei,
und ob du sie wünscht, ist uns einerlei.
Zieh ab mit deinen Hungergesellen,
hörst du meine Hunde bellen?
Und das Wort bleibt stehn:
Lewwer duad üs Slaav!
„Bettelpack“, fährt ihn der Amtmann an,
und die Stirnader schwillt den geschienten Mann:
“Du frisst denen Grünkohl nicht eher auf,
als bis dein Geld hier liegt zu Hauf“.
Der Priester zischelt von Trotzkopf und bücken
und verkriecht sich hinter dem Eisernen Rücken.
O Wort, geh nicht unter:
“Lewwer duad üs Slaav!“
Pidder Lüng starrt wie wirrsinnig den Amtmann an,
immer heftiger in Wut gerät der Tyrann,
und er speit in den dampfenden Kohl hinein:
“Nun geh an deine Trog, du Schwein“.
Und er will, um die peinliche Stunde zu enden,
zu seinen Leuten nach draußen sich wenden.
Dumpf dröhnt´s von drinnen:
“Lewwer duad üs Slaav!“
Einen einzigen Sprung hat Pidder getan.
Er schleppt an den Napf den Amtmann heran
und tauch ihm den Kopf ein und läßt ihn nicht frei,
bis der Ritter erstickt ist im glühheißen Brei.
Die Fäuste dann lassend vom furchtbaren Gittern,
brüllt er, die Türen und Wände zittern,
das stolze Wort:
“Lewwer duad üs Slav!“
Der Priester liegt ohnmächtig ihm an Fuß,
die Häscher stürmen mit höllischem Gruß,
durchbohren den Fischer und zerren ihn fort,
in den Dünen, im Dorf rasen Messer und Mord.
Pidder Lüng, doch, ehe sie ganz ihn verderben,
ruft noch einmal im Leben, im Sterben
sein Herrenwort: “Lewwer duad üs Slaav!“

 
Unser Gründungsort – Breslau (Worclaw)-siehe auch Fotos-
Breslau ist eine der ältesten und schönsten Städte im heutigen Polen, gelegen im südwestlichen Teil des Landes auf der geräumigen Schlesischen Ebene, an beiden Ufern der Oder. Hauptstadt des historischen Landes Niederschlesien; wichtiger Verkehrsknoten und großes Industriezentrum; bedeutender kultureller und wissenschaftlicher Mittelpunkt, als auch Bischofssitz. Als Hauptstadt Schlesiens gelang Breslau an verschiedene Herrscher, sie stellte einen Teil des Piastenerbes, Böhmens und der Habsburgischen Monarchie dar. Letztendliche ein Teil Preußens, war Breslau bis zum Ende des 2. Weltkrieges ein Teil Deutschlands. Durch den Krieg zu einem großen Teil zerstört, dann durch Polen wieder aufgebaut, wurde es, wie ganz Schlesien, polnisch. Als eine Perle der Architektur ist Breslau heutzutage eine der größten Tourismusattraktionen des westlichen Polens.
Wir verbinden heute mit dieser Stadt nicht nur die Erinnerungen unserer Mitglieder, die in Breslau ihre Studienzeit verbrachten.
Anläßlich der Feier zum 100-jährigen Bestehen unserer Verbindung, fuhren wir im Jahre 2001 nach Breslau,
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um auch dort zu feiern. -siehe hierzu auch unter "Fotos"-
Wir wurden sehr freundlich aufgenommen, von offiziellen Vertretern des Stadtrates und der Universität empfangen und haben die Menschen der Stadt als offen, gastfreundlich und warmherzig kennengelernt, die sich sehr darüber freuen, wenn es Kontakte zwischen Polen und Deutsche gibt. Da die meisten heutigen Breslauer selber aus Familien stammen, die aus dem heutigen Russland (und damaligen Polen) vertrieben wurden, war – trotz der Vergangenheit – ein sehr unkomplizierter Umgang mit Ihnen möglich. Sie würden sich sehr freuen, wenn nicht nur Sie Interesse an Deutschland hätten, sondern wenn es auch mehr Menschen in Deutschland geben würde, die Interesse an Polen hätten. Die Vertreter der Universität Breslau haben bei unserem Besuch betont, dass besonders deutsche Studenten in Breslau sehr willkommen wären. Auch haben wir dort wieder neu gelernt: Diese schöne Stadt hatte immer eine Vermittlerrolle zwischen verschiedenen Ländern. Deshalb wurden wir sogar von den Menschen dort aufgefordert, den alten Namen Breslau in unserer Sprache weiterzuverwenden, da der Name Wroclaw zur polnischen Sprache gehört. Die Stadt habe über die Jahrhunderte hinweg in Ihrer Funktion als Brücke zwischen den Nationen immer mehrere Namen in verschieden Sprachen gehabt.
Der Gründungsort gibt uns als Verbindung eine besondere Verantwortung auf. Wir wollen uns als Verbindung dafür einsetzen, dass die Versöhnung zwischen Deutschen und Polen als dauernde Aufgabe gesehen wird. So wie Deutschland und Frankreich nach dem 2. Weltkrieg ganz neue Wege der Versöhnung und Zusammenarbeit gegangen sind, müssen wir nun die Versöhnung mit Polen zu einem guten Ende bringen und auch zwischen diesen Ländern die Zusammenarbeit so fördern, dass eine Freundschaft zwischen diesen beiden Ländern entsteht.

Die Verbindung im Wandel der Zeiten
Die St. V. Frisia hat im Laufe der Geschichte viele Wandlungen durchlebt und gute und schlechte Zeiten mitgemacht. Nachdem sich die Verbindung in ihren ersten Jahren gut entwickelt hatte, traten die ersten Schwierigkeiten im 1. Weltkrieg auf. Eine Studentenverbindung ist darauf angewiesen, dass die einzelnen Generationen zusammen das Verbindungsleben gestalten. Plötzlich wurden viele Bundesbrüder einberufen und mussten an den Kriegshandlungen teilnehmen. Daraufhin musste das Verbindungsleben vorübergehend eingestellt werden. Doch direkt nach Kriegsende reaktivierten die Bundesbrüder das Verbindungsleben erneut und die Frisia wurde wieder eine geachtete Verbindung an ihrem Studienort.
Da einige Bundesbrüder ihr Studium an der Technischen Hochschule fortsetzten und dort einer „schlagenden“ Verbindung  beitraten, musste innerhalb der Verbindung eine wichtige Grundsatzdiskussion geführt werden, da sich die Frisia stets gegen das sogenannte „schlagen“ ausgesprochen hatte. Im Ergebnis blieb man mit den Bun-desbrüdern befreundet, gehörte aber von nun an zwei unterschiedlichen Verbindungen an. Eine konsequente Haltung, die aber für eine ausgesprochen gute Streitkultur in den Verbindungen sprich.
Doch aller guten Ansätze im Verbindungsleben, die Frisia entging auch nicht dem Schicksal der meisten Vereinigungen in der damaligen Zeit, sie musste sich 1935 selbst auflösen, um der „Gleichschaltung“ im Dritten Reich zu entgehen.

Nach dem 2. Weltkrieg benötigten die Bundesbrüder einige Jahre um sich in den Wirren der Nachkriegszeit wiederzufinden. Sie überlegten, wie Sie ihren Lebensbund wieder reaktivieren könnten. Sie erhielten Kontakt zu einer weiteren Verbindung in Essen.
1962   Am 30.06.1962 reaktivierten sie die Frisia an der Staatlichen Ingenieurschule in der Robert-Schmidt-Straße in Essen unter dem Namen Technische Verbindung Frisia-Breslau zu Essen.
Auch nach dieser Reaktivierung entwickelte sich das Verbindungsleben sehr dynamisch. Die Verbindung wuchs und wuchs und öffnete sich nach Gründung der Gesamthochschule Essen auch für nichttechnische Fachbereiche.
1973 Durch Rektoratsbeschluß vom 04. Juli 1973 wurde die Frisia als Studentische Verbindung Frisia-Breslau als 1.Verbindung an der Universität Essen/Gesamthochschule und damit auch als erste Verbindung an der Universität Essen eingeschrieben. Der Name wurde in Studentische Verbindung Frisia-Breslau zu Essen geändert um die Öffnung für alle Fachbereiche zu verdeutlichen. Die Mitglieder der St. V. Frisia-Breslau engagierten sich  - neben ihren Aktivitäten in der Verbindung-  auch in den Selbstverwaltungsgremien der Hochschule und stellte Mandatsträger in allen Gremien. Trotz dieses Engagement waren gute Studienleistungen für unsere Mitglieder selbstverständlich. Leider musste sich die Aktivitas  die Verbindung Anfang der 90er Jahre wegen Nachwuchsmangel vertagen. Trotzdem wurden regelmäßige Veranstaltungen durch die Mitglieder durchgeführt, die auch für die Studenten der Hochschule zugänglich waren.
Im Jahre 2001 feierten wir unsere Gründung vor 100 Jahren in Friesland, Breslau  und Essen. Auf der Mitgliederversammlung, die wir im Rahmen dieser Feier hatten, beschlossen wir, unsere Satzung zu erneuern.
 
 

Die St. V. Frisia-Breslau zu Essen - Heute
St. V. Frisia-Breslau zu Essen ist heute wieder eine aktive, für alle Studierenden of-fene, farbentragende Verbindung an der Universität Essen.
Wir sind die erste und derzeit einzige Studentenverbindung an unserer Hochschule, die Frauen und Männer aufnimmt und damit die Traditionen der deutschen Studentenverbindungen konsequent weiterentwickelt hat.
Alle Nationalitäten sind uns willkommen.
Wir haben aus unserer Geschichte heraus gute Beziehungen zu unserem Gründungsort im heutigen Polen und wir verstehen es als unsere Aufgabe, die Völkerverständigung zwischen den Ländern unserer Geschichte zu fördern.
Alles in allem schauen wir positiv und optimistisch in die Zukunft und laden alle Studen-tinnen und Studenten ein, bei uns mitzumachen.

Wir laden DICH ein: Mach mit!