Warum
heißt die Verbindung „Frisia“
In
der Zeit unserer Gründung (1901) haben sich viele studentische Vereine
Namen gegeben, die mit sich auf die verschiedenen deutschen Landsmannschaften
bezogen. So standen Namen wie „Rhenania“ für das Rheinland, „Guestphalia“
oder „Westfalia“ für Westfalen und unser Name „Frisia“ für Friesland.
Die
lateinische Form der Namen war damals „in“ und betonte den studentischen
oder akademischen Charakter dieser Vereine. Meistens war die Namenswahl
ein Hinweis auf die Herkunft der Studenten. Man fand es wichtig, sich bei
der Gründung von Vereinen durch den Namen zu seiner Heimatregion zu
bekennen. Eine Sitte, die in unserem Land, das zu der damaligen Zeit gerade
einmal als ein Nationalstaat 30 Jahre existierte, eine weit verbreitete
Praxis war.
Unsere
Vereinigung wählte einen etwas anderen Weg. Man wählte den Namen
„Frisia“
nicht, weil die Gründer aus der Region Friesland kamen, sondern weil
man sich die Friesen zum Vorbild wählen wollte. Dazu sollte man wissen,
dass die Friesen eine sehr lange Geschichte haben, die ziemlich einzigartig
in Europa ist. Die Friesen hatten sich bereits in der vorrömischen
Zeit als Nation etabliert und sie hatten, aufgrund der Tatsache, dass sie
zwar zäh an ihren Rechten und Traditionen festhielten, aber die anderen
Völker in Frieden ließen, besondere Sonderrechte in römischen
Reich. Diese Sonderstellung hat sich über viele Jahrhunderte fortgesetzt.
Noch heute sind sie eine Volksgruppe, die sowohl in Deutschland als auch
in den Niederlanden zuhause ist. Diese Situation erfordert zwei Fähigkeiten,
die unsere Gründer bemerkenswert fanden. Zum einen muß man sich
seiner selbst bewusst sein, d. h., dass man ein eigenes Profil entwickelt
und dieses auch gegenüber Dritten vertritt. Dies erfordert sowohl
eine innere als auch eine gewisse äußere Unabhängigkeit.
Gleich-zeitig darf man sich aber auch nicht ausgrenzen. Man muß die
Fähigkeit besitzen, trotz eines eigenen Profils in einer Gemeinschaft
zu leben.
Und
diese Kombination von Fähigkeiten halten wir für so interessant,
dass wir noch heute durch unseren Namen zeigen, dass wir gerne unseren
Mitgliedern helfen wollen, ein ähnliches Profil für sich zu entwickeln.
„Pidder
Lüng“, die Ballade vom Freiheitswillen der Friesen
Die
Eigenschaften der Friesen wurden von Detlev von Liliencron in einer besonderen
Ballade literarisch verarbeitet. Die Ballade über den Fischer Pidder
Lüng, der sich, obwohl arm und von einfacher Herkunft, seine angestammten
Rechte nicht nehmen läßt und bereit ist, für diese Rechte
zu kämpfen, zeigt eine besondere Mischung von Mut und Selbstbewusstsein.
Diese Ballade wurde 1991 von Achim Reichel vertont (Ihr findet Sie auf
seiner CD „Regenballade“) und beweist in ihrer zentralen Aussage „Lewwer
duad üs Slaav“ (Lieber tot als Sklave) einen Unabhängigkeitswillen,
der durchaus einer Diskussion wert ist.
Der
Ballade ist eine alte friesische Auffassung der friesischen Grundrechte
vorangestellt.
Frii
es de Feskfang,
frii
es de Jaght,
frii
es de Strönthgang,
frii
es de Naght,
frii
es de See, de wilde See
en
die Hornemmer Rhee.
PIDDER
LÜNG
Der
Amtmann von Tondern, Henning Pogwisch,
schlägt
mit der Faust auf den Eichentisch;
“Heut
fahr ich selbst hinüber nach Sylt
und
hol mir mit eigner Hand Zins und Gült.
Und
kann ich die Abgaben der Fischer nicht fassen,
sollen
sie Nasen und Ohren lassen,
und
ich höhn ihrem Wort:
Lewwer
duad üs Slaav.
Im
Schiff vorn der Ritter, panzerbewehrt,
stützt
sich finster auf sein langes Schwert.
Hinter
ihm, von der hohen Geistlichkeit,
steht
Jürgen der Priester, beflissen, bereit.
Er
reibt sich die Hände, er bückt den Nacken.
“Der
Obrigkeit helf ich, die Frevler zu packen,
in
den Pfuhl das Wort:
Lewwer
duad üs Slaav“
Gen
Hörnum hat die Prunkbarke
den
Schnabel gewetzt,
ihr
folgen die Ewer, kriegsvolkbesetzt,
Und
es knirschen die Kiele auf den Sand,
und
der Ritter, der Priester springen ans Land,
und
waffenrasselnd hinter den beiden
entreißen
die Söldner die Klingen den Scheiden.
Nun
gilt es, Friesen:
“Lewwer
duad üs Slaav!“
Die
Knecht umzingeln das erste Haus,
Pidder
Lüng schaut verwundert zum Fenster heraus.
Der
Ritter, der Priester treten allein
über
die ärmliche Schwelle hinein.
Des
langen Peters starkzählige Sippe
sitzt
grad an der kargen Mittagskrippe.
Jetzt
zeige dich, Pidder:
“Lewwer
duad üs Slaav!“
Der
Ritter verneigt sich mit hämischen Hohn,
der
Priester will anheben seien Sermon.
Der
Ritter nimmt spöttisch den Helm vom Haupt
und
verbeugt sich noch einmal: “Ihr erlaubt,
daß
wir euch stören bei eurem Essen,
bringt
hurtig den Zehnten, den ihr vergessen,
und
euer Spruch ist ein Dreck:
“Lewwer
duad üs Slaav!“
Da
reckt sich Pidder, steht wie ein Baum:
“Henning
Pogwisch, halt deine Reden im Zaum.
Wir
waren der Steuern von jeher frei,
und
ob du sie wünscht, ist uns einerlei.
Zieh
ab mit deinen Hungergesellen,
hörst
du meine Hunde bellen?
Und
das Wort bleibt stehn:
Lewwer
duad üs Slaav!
„Bettelpack“,
fährt ihn der Amtmann an,
und
die Stirnader schwillt den geschienten Mann:
“Du
frisst denen Grünkohl nicht eher auf,
als
bis dein Geld hier liegt zu Hauf“.
Der
Priester zischelt von Trotzkopf und bücken
und
verkriecht sich hinter dem Eisernen Rücken.
O
Wort, geh nicht unter:
“Lewwer
duad üs Slaav!“
Pidder
Lüng starrt wie wirrsinnig den Amtmann an,
immer
heftiger in Wut gerät der Tyrann,
und
er speit in den dampfenden Kohl hinein:
“Nun
geh an deine Trog, du Schwein“.
Und
er will, um die peinliche Stunde zu enden,
zu
seinen Leuten nach draußen sich wenden.
Dumpf
dröhnt´s von drinnen:
“Lewwer
duad üs Slaav!“
Einen
einzigen Sprung hat Pidder getan.
Er
schleppt an den Napf den Amtmann heran
und
tauch ihm den Kopf ein und läßt ihn nicht frei,
bis
der Ritter erstickt ist im glühheißen Brei.
Die
Fäuste dann lassend vom furchtbaren Gittern,
brüllt
er, die Türen und Wände zittern,
das
stolze Wort:
“Lewwer
duad üs Slav!“
Der
Priester liegt ohnmächtig ihm an Fuß,
die
Häscher stürmen mit höllischem Gruß,
durchbohren
den Fischer und zerren ihn fort,
in
den Dünen, im Dorf rasen Messer und Mord.
Pidder
Lüng, doch, ehe sie ganz ihn verderben,
ruft
noch einmal im Leben, im Sterben
sein
Herrenwort: “Lewwer duad üs Slaav!“
Die
Verbindung im Wandel der Zeiten
Die
St. V. Frisia hat im Laufe der Geschichte viele Wandlungen durchlebt und
gute und schlechte Zeiten mitgemacht. Nachdem sich die Verbindung in ihren
ersten Jahren gut entwickelt hatte, traten die ersten Schwierigkeiten im
1. Weltkrieg auf. Eine Studentenverbindung ist darauf angewiesen, dass
die einzelnen Generationen zusammen das Verbindungsleben gestalten. Plötzlich
wurden viele Bundesbrüder einberufen und mussten an den Kriegshandlungen
teilnehmen. Daraufhin musste das Verbindungsleben vorübergehend eingestellt
werden. Doch direkt nach Kriegsende reaktivierten die Bundesbrüder
das Verbindungsleben erneut und die Frisia wurde wieder eine geachtete
Verbindung an ihrem Studienort.
Da
einige Bundesbrüder ihr Studium an der Technischen Hochschule fortsetzten
und dort einer „schlagenden“ Verbindung beitraten, musste innerhalb
der Verbindung eine wichtige Grundsatzdiskussion geführt werden, da
sich die Frisia stets gegen das sogenannte „schlagen“ ausgesprochen hatte.
Im Ergebnis blieb man mit den Bun-desbrüdern befreundet, gehörte
aber von nun an zwei unterschiedlichen Verbindungen an. Eine konsequente
Haltung, die aber für eine ausgesprochen gute Streitkultur in den
Verbindungen sprich.
Doch
aller guten Ansätze im Verbindungsleben, die Frisia entging auch nicht
dem Schicksal der meisten Vereinigungen in der damaligen Zeit, sie musste
sich 1935 selbst auflösen, um der „Gleichschaltung“ im Dritten Reich
zu entgehen.
Nach
dem 2. Weltkrieg benötigten die Bundesbrüder einige Jahre um
sich in den Wirren der Nachkriegszeit wiederzufinden. Sie überlegten,
wie Sie ihren Lebensbund wieder reaktivieren könnten. Sie erhielten
Kontakt zu einer weiteren Verbindung in Essen.
1962
Am 30.06.1962
reaktivierten sie die Frisia an der Staatlichen Ingenieurschule in der
Robert-Schmidt-Straße in Essen unter dem Namen Technische Verbindung
Frisia-Breslau zu Essen.
Auch
nach dieser Reaktivierung entwickelte sich das Verbindungsleben sehr dynamisch.
Die Verbindung wuchs und wuchs und öffnete sich nach Gründung
der Gesamthochschule Essen auch für nichttechnische Fachbereiche.
1973
Durch Rektoratsbeschluß vom 04. Juli 1973 wurde die Frisia als Studentische
Verbindung Frisia-Breslau als 1.Verbindung an der Universität Essen/Gesamthochschule
und damit auch als erste Verbindung an der Universität Essen eingeschrieben.
Der Name wurde in Studentische Verbindung Frisia-Breslau zu Essen geändert
um die Öffnung für alle Fachbereiche zu verdeutlichen. Die Mitglieder
der St. V. Frisia-Breslau engagierten sich - neben ihren Aktivitäten
in der Verbindung- auch in den Selbstverwaltungsgremien der Hochschule
und stellte Mandatsträger in allen Gremien. Trotz dieses Engagement
waren gute Studienleistungen für unsere Mitglieder selbstverständlich.
Leider musste sich die Aktivitas die Verbindung Anfang der 90er Jahre
wegen Nachwuchsmangel vertagen. Trotzdem wurden regelmäßige
Veranstaltungen durch die Mitglieder durchgeführt, die auch für
die Studenten der Hochschule zugänglich waren.
Im
Jahre 2001 feierten wir unsere Gründung vor 100 Jahren in Friesland,
Breslau und Essen. Auf der Mitgliederversammlung, die wir im Rahmen
dieser Feier hatten, beschlossen wir, unsere Satzung zu erneuern.
Die
St. V. Frisia-Breslau zu Essen - Heute
St.
V. Frisia-Breslau zu Essen ist heute wieder eine aktive, für alle
Studierenden of-fene, farbentragende Verbindung an der Universität
Essen.
Wir
sind die erste und derzeit einzige Studentenverbindung an unserer Hochschule,
die Frauen und Männer aufnimmt und damit die Traditionen der deutschen
Studentenverbindungen konsequent weiterentwickelt hat.
Alle
Nationalitäten sind uns willkommen.
Wir
haben aus unserer Geschichte heraus gute Beziehungen zu unserem Gründungsort
im heutigen Polen und wir verstehen es als unsere Aufgabe, die Völkerverständigung
zwischen den Ländern unserer Geschichte zu fördern.
Alles
in allem schauen wir positiv und optimistisch in die Zukunft und laden
alle Studen-tinnen und Studenten ein, bei uns mitzumachen.